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       Jana Schimke

Den AfD-Kandidaten im Nacken

LÜBBEN Nur zehn Prozentpunkte Vorsprung hatte Jana Schimke am Wahlsonntag vor Dietmar Ertel. Aus dem Wahlerfolg des AfD-Mannes will die Direktmandatsgewinnerin ihre Lehren ziehen für die Arbeit im Bundestag.

Dietmar Ertel war einen Tag nach der Bundestagswahl guter Dinge. "Absolut zufrieden" sei er über das zweitbeste Wahlergebnis aller Kandidaten im Wahlkreis 62. Selbst die SPD-Landtagsabgeordnete Sylvia Lehmann habe er hinter sich gelassen. Das dürfe man wohl als Erfolg bezeichnen, findet er.

Auf die Frage nach seinem Erfolgsrezept kommt Ertel auf seinen Wahlkampf zu sprechen, der "intensiv und fröhlich" gewesen sei. Unter anderem hatte der langjährige Ortsvorsteher von Lüdersdorf Wähler zum Sangeswettstreit eingeladen, ihnen zuletzt sogar Brötchenbeutel an die Haustürklinken gehängt – mit schönen Grüßen vom Direktkandidaten.


Sich den Bürgern auf den Dörfern zuzuwenden, erscheint rückblickend als geschickter Schachzug. Das räumt indirekt auch Jana Schimke ein. Der AfD-Kandidat und seine Partei bekamen desto mehr Prozentpunkte, so ihre Analyse, je weiter in Richtung Süden des Landkreises in den Dörfern gewählt wurde. Daraus ergibt sich für die Rangsdorferin ein Auftrag für die Arbeit im Bundestag: Sie selbst, aber auch die Vertreter anderer Parteien "müssen mehr tun für den ländlichen Raum". Viele Bürger in den entlegeneren Regionen fühlten sich offenbar abgehangen von der Politik. Es sei hier auch für sie mitunter schwer gewesen im Wahlkampf, die Menschen zu erreichen.

Punkten konnte Jana Schimke dagegen vor allem in den Städten, in Luckau, Lübben und Lübbenau. Sodass es ihr gelang, den Wahlkreis "zu verteidigen", wie sie sagt. Darauf sei sie stolz. Auch wenn sie sieben Prozentpunkte weniger einsammeln konnte in ihrem Wahlkreis als noch bei der Bundestagswahl vor acht Jahren.

Die AfD, sagt die junge Politikerin, sei eindeutig ein ostdeutsches Thema, das im Bundestag mehr Beachtung finden müsse. An ihren Info-Ständen sei sie im Wahlkampf öfter auf die Rechtspopulisten angesprochen worden. "Ich habe mit einer starken AfD gerechnet, aber nicht damit, dass sie zweitstärkste Kraft wird in Brandenburg."

Rico Kerstan, der für die FDP 4,8 Prozent bei den Erststimmen bekommen hat, fällt ein anderer Grund ein für den Wahlerfolg der AfD im Wahlkreis und in Brandenburg insgesamt. "Ich glaube, die Menschen in den Berlin fernen Regionen fühlen sich abgehängt von der Landesregierung in Potsdam." Das könnte auch das Ergebnis in Cottbus erklären, wo die AfD zur stärksten Kraft geworden ist, knapp vor der CDU, deutlich der SPD und den Linken.

Prominentes Beispiel für das An-den-Bürgern-vorbei-Regieren ist für den Risikomanager aus Lübben die geplante Kreisgebietsreform, von der Experten abraten würden und die der Bürger nicht wolle. Was die Menschen in ländlicher Region eher brauchen, sind Rezepte gegen Strukturschwäche, so Kerstan. Bessere Infrastruktur, mehr Anreize für Firmengründungen. Zugleich empfiehlt der Lübbener einen entspannteren Umgang mit der AfD: "Wir alle sollten die Partei als einen Mitbewerber betrachten und uns sachlich mit ihren Argumenten auseinandersetzen."

Der Linken-Bundestagskandidat Carsten Preuß aus Zossen muss der AfD zugestehen: "Ihr gelang es offenbar besser, die Menschen mitzunehmen als uns." Allein das Thema Flüchtlinge könne es aber wohl nicht gewesen sein, so der BUND-Landesverbandsvorsitzende, der im Landratsamt von Teltow-Fläming arbeitet. Wahrscheinlich seien die Menschen insgesamt unzufrieden mit ihrer Situation und der Politik. Möglich, so Preuß, dass in Berlin fernen Regionen diese Unzufriedenheit noch größer ist. Er sei aber insgesamt noch etwas ratlos.

Dabei hatte Carsten Preuß nach den vielen Gesprächen an seinen Info-Ständen, ob in Luckau, Lübben, Luckenwalde oder Zossen, nicht den Eindruck, dass die AfD ein so gutes Ergebnis holen würde. Für ihn selbst und seine Partei lief es schließlich auch gar nicht so schlecht: "Mein Ziel war 16 plus", sagt er. 16,4 Prozent hat er am Ende bekommen, etwas mehr als die Linke bei den Zweitstimmen.

Ähnlich wie der Lübbener Rico Kerstan hat es Carsten Preuß nicht auf eine Berufspolitiker-Karriere abgesehen. Er habe die Flagge hochhalten wollen für seine Partei, ein Zeichen setzen wollen für Demokratie. Ob der Naturschützer noch ein weiteres Mal den Versuch unternimmt, in den Bundestag in den oder Landtag einzuziehen, das wisse er noch nicht. Jetzt mache er erst mal eine Woche Urlaub – im Naturpark Unteres Odertal.

Sylvia Lehmann, Bewerberin der SPD für den Bundestag im Wahlkreis 62, war am Tag nach der Wahl für Nachfragen der RUNDSCHAU nicht zu erreichen.

 

Quelle: Lausitzer Rundschau (Daniel Preikschat)