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Begegnung mit der Vergangenheit

Begegnung mit der Vergangenheit
Bundestagsabgeordnete Jana Schimke auf dem Waldfriedhof in Halbe / Große Pläne

HALBE Diesen Besuch wird Jana Schimke wohl nicht so schnell vergessen. Die CDU-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Dahme-Spreewald hatte sich viel Zeit für einen Besuch auf dem Waldfriedhof in Halbe genommen.

"Das ist kein Soldatenfriedhof!" Oliver Breithaupt schwillt jedes Mal der Kamm, wenn über den Waldfriedhof in Halbe geredet wird, als sei es eine Art "Helden"-Friedhof. Bei dem sieben Hektar großen Areal handle es sich vielmehr um eine Kriegsgräberstätte, die Menschen eine letzte Ruhe gebe, die bei Kriegshandlungen und in deren unmittelbaren Zusammenhang ums Leben gekommen sind.

Viele von den Tausenden Toten, die in Halbe in den zurückliegenden fast sieben Jahrzehnten bestattet wurden, waren Zivilisten auf der Flucht, als die Rote Armee Ende April 1945 das Gebiet unter massiven Artilleriebeschuss nahm. Die russischen Truppen hatten einen militärischen Ring um die Gegend gezogen, in dem sich auch viel Militär gesammelt hatte. Als die deutschen Truppen einen Ausbruchsversuch unternahmen, kam es zur schrecklichen Katastrophe.
Oliver Breithaupt ist Geschäftsführer der Bildungs- und Begegnungsstätte Halbe des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich ein Mann, für den sein Beruf zur Berufung geworden ist. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern arbeitet er seit eineinhalb Jahren in der alten Schule von Halbe an der geschichtlichen Aufarbeitung der Kriegsereignisse in der Region südlich von Berlin. Um Heldentaten geht es Breithaupt und seinen Mitstreitern nicht. "Wir wollen die Menschen und ihre Schicksale zeigen, die sich unter jedem einzelnen dieser vielen Tausend Grabsteine verbergen", sagt Breithaupt.

Kriminalistische Arbeit

Beim Besuch der Bundestagsabgeordneten Jana Schimke zeigte Oliver Breithaupt, wie riesengroß das Spektrum ist, an dem in der noch relativ neuen Bildungs- und Begegnungsstätte des Volksbundes gearbeitet wird.

Neben einem Historiker beschäftigt sich ein Experte mit beinahe kriminalistischem Spürsinn auch sieben Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit der Aufklärung von Schicksalen.

Jan Schimke durfte bereits einen ersten Blick auf eine Ausstellung werfen, die im April kommenden Jahres in Halbe eröffnet werden soll. Sie wird Schicksale von Menschen anschaulich machen, die in Halbe ihre letzte Ruhe fanden. Auch dabei geht es nicht nur um Soldaten, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg gefallen sind, sondern auch um Menschen, die auf der Flucht oder durch Vertreibung ums Leben kamen, erläuterte Oliver Breithaupt, das Ausstellungskonzept.

Noch heute werden Gebeine von Soldaten entdeckt, die einst unter Ackerboden oder Privatgrundstücken beerdigt wurden. Der Volksbund hilft dabei, die Identität der Menschen herauszufinden und kooperiert dabei auch mit Russland. Denn in beiden Ländern gibt es noch eine Vielzahl von Hinterbliebenen, die nicht wissen, wo ihre Männer, Väter und Brüder ihre letzte Ruhe gefunden haben. Und auch die unrühmliche Historie der russischen NKWD-Internierungslage wird dann nicht ausgespart. In ihnen kamen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch einmal viele Tausend Menschen ums Leben. Viele von ihnen fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem Waldfriedhof in Halbe.

Gedenken an alle Opfer

Jana Schimke hatte sich den Termin nicht umsonst auf den Herbst datiert – die zeitliche Nähe zum Volkstrauertag ist gewollt. "Ich habe in den vergangenen Jahren festgestellt, dass der Volkstrauertag sehr einseitig begangen wird", sagte die Politikerin. Es sei ein Tag, an dem allen Opfern gedacht werden müsse, egal, welchen Hintergrund sie haben.

Im Gespräch mit Breithaupt thematisierte sie auch den Umgang mit deutschen Soldaten in der heutigen Zeit. "Da gibt es noch Nachholbedarf, was die Wertschätzung der Arbeit der Bundeswehr betrifft", sagte die CDU-Politikerin.

Für ihren Besuch hatte sie sich viel Zeit genommen. "Ich habe mir extra den Tag freigenommen. Es ist wichtig, den Blick einmal zurückzuwerfen, um auch für die Zukunft planen zu können. Denn auch heute gibt es noch Gewalt, politische Extreme und kriegerische Auseinandersetzung", sagte Jana Schimke. Umso wichtiger sei es, einen Ort der Begegnung und des Gedenkens zu schaffen.

Zum Thema:
Der Waldfriedhof Halbe (Dahme-Spreewald) ist eine der größten Kriegsgräberstätten Deutschlands. Dort ruhen über 28 000 Opfer des Zweiten Weltkrieges, überwiegend im Kessel von Halbe Gefallene, aber auch hingerichtete Deserteure der Wehrmacht, Zwangsarbeiter und zwischen 1945 und 1947 Verstorbene aus dem sowjetischen Speziallager Ketschendorf (heute Fürstenwalde/Spree).

Quelle: Lausitzer Rundschau (Jan Siegel)