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       Jana Schimke

Schrumpfung ist kein Schicksal

Schrumpfung ist kein Schicksal

Erst vor wenigen Tagen hat die EU-Kommission in einem Bericht schonungslos die Folgen einer älter werdenden und schrumpfenden Bevölkerung in den europäischen Mitgliedsstaaten offen gelegt. Deutschland trifft es besonders hart. So werden die Kosten für unsere soziale Absicherung bei der Rente, Gesundheit und Pflege von derzeit 520 Mrd. Euro um fast das Doppelte auf 1017 Mrd. Euro im Jahr 2060 ansteigen. Das entspricht mehr als dem Dreifachen des derzeitigen Bundeshaushaltes.

Uns wird wiederholt vor Augen geführt, wie stark die Folgen des demographischen Wandels auf unseren künftigen Wohlstand ausstrahlen. Im Deutschen Bundestag versuchen wir mit entsprechenden Maßnahmen in der Wirtschaftspolitik, der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik und natürlich der Familienpolitik entsprechende Weichen zu stellen. Doch auch direkt vor Ort kann und muss etwas bewegt werden. Welche Ideen und Visionen gibt es, uns gut für die Zukunft aufzustellen und den demographischen Wandel gleichermaßen als Herausforderung und Chance zu begreifen?

Wir leben in einer Region der Gegensätze. Im berlinnahen Raum gilt es, Wachstum zu steuern. Einmal eröffnet, wird sich der Flughafen BER bis weit ins Land zum Job- und Investitionsmotor entwickeln. Deshalb werden dort künftig mehr Wohnraum, Kitaplätze oder auch Schulen benötigt. Gleichzeitig fordert eine immer komplexer werdende Verkehrsinfrastruktur Rücksichtnahme auf Anwohner und Umwelt. Dieser Interessenausgleich gestaltet sich nicht immer einfach. Im Süden gilt es, Infrastruktur und damit Arbeitsplätze und Lebensqualität zu erhalten. Realität in Brandenburg aber ist, dass die starke Wirtschaft unserer Landkreise in Sonntagsreden gelobt wird, sich die landespolitische Schwerpunktsetzung aber vorrangig auf den Norden konzentriert. Zu befürchten ist auch, dass die weitere Ausdehnung der Landkreise nach Süden im Rahmen einer Kreisgebietsreform diesen Zustand verschärft.

Dazu aber darf es nicht kommen. Der Mittelstand und die vielen kleinen Unternehmen aus dem Handwerk, dem Dienstleistungsgewerbe oder auch der Tourismuswirtschaft sind es, die den Menschen im und um den Spreewald Arbeit geben und Brandenburg jenseits des „Speckgürtels“ lebenswert machen. Gerade in unseren ländlichen Gebieten ist schnelles Internet dafür unerlässlich. Der Bund stellt deshalb weitere 10 Mrd. Euro für Investitionen u.a. in die Breitbandversorgung zur Verfügung. Doch auch das Land ist in der Pflicht. Nur so kann der Wegfall von Apotheke, Supermarkt oder Bank durch Onlineangebote zumindest teilweise kompensiert werden.

Darüber hinaus ist unsere gute Verkehrsanbindung nach Berlin durch Autobahn, Bundesstraßen und Bahn unerlässlich. Obwohl Politik von den Menschen berufliche Flexibilität und Mobilität sowie die Bereitschaft zu weiteren Arbeitswegen einfordert, wird immer wieder die Streichung von Bahnhalten diskutiert. Mit einem Federstrich wurden gerade erst die Haltepunkte Raddusch, Kolkwitz und Kunersdorf durch Landesregierung und VBB beseitigt. Wer aber gegen Abwanderung vorgehen und den ländlichen Raum stärken will, muss sich mit seinen politischen Entscheidungen daran messen lassen.

Das gilt auch für den Tourismus in Brandenburg. Er schafft Arbeitsplätze und damit eine Zukunft. Deshalb bin ich mit der Landes- und Bundesregierung im Gespräch, um die Schleusenöffnungszeiten in Brandenburg wieder auszuweiten, damit die Sportschifffahrt auch nach 18.00 Uhr auf unseren Gewässern möglich ist. Handlungsbedarf gibt es auch in der Lieberoser Heide, die sich immer mehr zu einem Magneten für Naturliebhaber entwickelt. Jedoch ist eine weitere Finanzierung der Internationalen Naturausstellung (INA) durch Bundesmittel an eine klare Zusage der Landesregierung gebunden, die nicht erfolgt. Die Unterstützung für ein Vorzeigeprojekt in Brandenburg bleibt bisher aus. Auch das einstige Militärareal und die unter Denkmalschutz stehende Heeresversuchsanstalt Kummersdorf-Gut könnte ein Anziehungspunkt werden. Den Kommunen wurde seit jeher Unterstützung versprochen. Doch damit weit gefehlt. Das Gebiet darf bis heute wegen Altlasten nicht betreten werden und an den militärhistorischen Denkmalen nagt der Zahn der Zeit. Bedauerlich ist auch, dass der ehemalige Flugplatz Sperenberg dem Verfall und Vandalismus preisgegeben ist. Bevor Erich Honecker nach Chile floh, um seiner Verhaftung zu entgehen, verbrachte er dort seine letzte Nacht auf deutschem Boden. Auch um die Erinnerung an den Unrechtsstaat DDR aufrecht zu erhalten, sollten solche historischen Orte erhalten bleiben.

Die touristische Entwicklung unserer Region steht und fällt jedoch mit dem Spreewald. Er ist Kulturlandschaft mit einer starken Land- und Forstwirtschaft und kein Totalreservat. Er ist Tradition und Sprache und damit auch Identität. Das Sorben- und Wendentum prägt unsere Region maßgeblich und erfordert eine gut durchdachte Minderheitenpolitik. Der demographische Wandel ist kein Schicksal, er ist auch eine Chance. Und es gibt zahlreiche Wege, ihn zu beschreiten.

Geschrieben von Jana Schimke

Quelle: MAZ Dahmeland-Fläming