Willkommen bei
       Jana Schimke

Kleinstadt mit Potenzial und Charme

LIEBEROSE Die Stadt Lieberose hat Historisches zu bieten. Schloss und Kirche gehören zu den Sehenswürdigkeiten. Bürgerschaftliches Engagement ist vorhanden. Und doch hat die Kleinstadt ein Problem. Die finanzielle Ausstattung bietet keinen Spielraum für Wünsche. Zudem muss die Infrastruktur verbessert werden.

Wo es klemmt, und wie Verbesserungen erzielt werden können, das wurde am Donnerstagabend im Bürgerzentrum Darre in Lieberose diskutiert. Die LAUSITZER RUNDSCHAU hatte zum Forum „LR vor Ort“ eingeladen. Ist der Ort als Kleinstadt im ländlichen Raum von der infrastrukturellen Entwicklung abgehängt? Etwa 50 Bürger waren neugierig, was die Podiumsgäste von Bund, Land, Kreis und Kommune zu sagen hatten. „Die Menschen hier spüren doch täglich, dass Lieberose nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die die Stadt eigentlich verdient“, sagt Bernd Boschan (parteilos). Der Amtsdirektor Lieberose/Oberspreewald verweist auf den Breitbandausbau, „der hier lange eine Katastrohe war“. Zudem komme der Radwegebau einfach nicht voran. Seit 2003 werde darüber diskutiert. Prioritätenlisten wurden erstellt und wieder eingefroren, Radwege versprochen. Passiert ist so gut wie nichts. Gerade einmal 1500 Meter Radweg wurden seit der Wende im Amtsgebiet hergestellt, wie Bernd Boschan sagt. Weitere sollen ihm zufolge nach den Vorstellungen des Landes Brandenburg bis 2025 nicht folgen, im gesamten Landkreis Dahme-Spreewald. „Wir kämpfen ständig mit dem Land um Radwege“, erklärt der Verwaltungschef. „Doch es heißt immer, dass es keinen Bedarf bei uns gibt. Der Landesbetrieb Straßenwesen ignoriert uns, nimmt einfach nicht wahr, dass wir Schulen haben, sich Tourismus entwickelt. Die Entscheidungsträger im Land müssen doch taub und blind sein.“

Der Amtsdirektor erinnert zudem daran, dass der Landkreis Dahme-Spreewald andere Prioritäten gesetzt hat, als es  großzügige Fördermittel für den Radwegebau vor Jahren gegeben hatte: „Es hieß immer: Erst das Technologiezentrum in Wildau, dann Maßnahmen wie Radwegebau im Süden des Kreises. Passiert ist nichts.“

Heiko Jahn, Leiter des Geschäftsbereichs Landrat beim Landkreis, räumt ein, „dass es der Kreis damals versäumt hat, Radwege zu bauen, und das, obwohl es 80 Prozent Förderung gab“. Er sieht jedoch die Chance, Radwege über andere Förderprogramme zu errichten, etwa im Rahmen der Internationalen Naturausstellung (INA).

Für Heinz-Gerd Hesse ist es „unverständlich, dass zwischen Lübben, Lieberose und dem Schlaubetal keine Radwege gebaut werden. Vielleicht müssen wir erst auf die Straße gehen und für Radwege kämpfen.“ Kerstin Michelchen hält Radwege auch deshalb für „unbedingt nötig, weil sie die Sicherheit erhöhen. Jetzt schickt doch niemand sein Kind mit dem Fahrrad zur Schule“, sagt die ehrenamtliche Bürgermeisterin. Sie hat noch ein ganz anderes Problem. Rund 160 000 Euro fehlen, um den kommunalen Haushalt auszugleichen. Die Stadt kann nur noch Pflichtaufgaben erfüllen, und das seit Jahren. Amtsdirektor Boschan spricht von „chronischer Unterfinanzierung“. „Wir stecken aber nicht den Kopf in den Sand“, sagt Kerstin Michelchen. „Es gibt bei uns Einkaufsmöglichkeiten, Schule, ordentliche Straßen. Wir sind also nicht unbedingt unzufrieden. Und doch haben die Bürger das Gefühl, es geht nur noch um Berlin und den Speckgürtel, jedoch nicht mehr um das flache Land.“

Jana Schimke (CDU) sieht durchaus „Strukturprobleme im Land. Was wir im Bund beschließen, kommt bei den Kommunen finanziell oft nicht an, weil Gesetze anders umgesetzt werden, als wir gedacht haben“, sagt sie. Lieberose gehört zum Wahlkreis der Bundestagsabgeordneten. „Wir wollen uns als Bund noch stärker in den Städten und Gemeinden engagieren, obwohl wir dafür nicht zuständig sind.“ Sie findet es „frustrierend, dass der Handlungsspielraum von Kommunen so begrenzt ist. Und es ist fatal, dass der Norden im Landkreis Dahme-Spreewald noch immer Priorität gegenüber dem Süden hat.“ Heiko Jahn widerspricht: „Es ist nicht Politik des Kreises, den Süden hintenherunterfallen zu lassen.“ Er verweist auf eine Infrastruktur-Studie, die der Landkreis erarbeiten lasse (die RUNDSCHAU berichtete).

Jens Graf, Referatsleiter des Städte- und Gemeindebunds Brandenburg mit Sitz in Potsdam, rät den Lieberosern, sich „auf ihre Stärken zu besinnen. Die Stadt hat sich doch gut entwickelt, zudem mit der INA ein Alleinstellungsmerkmal. Für mich ist Lieberose ein Ort mit Zukunft. Allerdings müssen die Menschen in der Stadt für ihre Ideen brennen. Potsdam kann lediglich die Entwicklung fördern.“ Jens Graf „sieht eine Bereitschaft im Land, Orten wie Lieberose zu helfen“.

Klaus Littich hat zuvor „den Lobbyismus“ im Land Brandenburg beklagt. Heiko Steinemann kritisiert das „katastrophale Schlossumfeld. Der Park ist eine Schande. Wenn wir Touristen wollen, müssen wir etwas verändern, auch schauen, dass wir die Gaststätte in der Darre wieder vermietet bekommen.“ Das Bürgerzentrum ist „sehr beliebt“, wie Kerstin Michelchen sagt. „Doch wir finden einfach keinen Gastwirt für das Restauran.“ Mit der Beräumung des Parks sei eine Firma beauftragt, um Sturmschäden zu beseitigen.

Annemarie Gottschald, bekannt für ihre Schlossführungen mit Erinnerungen an die Grafen von der Schulenburg,  verweist auf marode Häuser mitten in der Stadt: „Es geht einfach nicht, dass man die verfallen lässt.“ Der Kommune sind jedoch die Hände gebunden. „Die Eigentümer kümmern sich einfach nicht“, erklärt die Bürgermeisterin. „Ich würde mir wünschen, dass die Politik ihnen auf die Finger haut.“ Das sieht Jens Graf ähnlich: „Der Bund müsste den Kommunen schärfere Instrumente an die Hand geben.“ Jana Schimke ist skeptisch und sagt: „Der Schutz des Eigentums hat einen sehr hohen Wert in Deutschland.“

Einig waren sich die Podiumsgäste nach anderthalbstündiger Diskussion, dass Lieberose eine Stadt mit Potenzial und Charme ist.

 

Quelle: Lausitzer Rundschau | Andreas Staindl